Gibt es wirklich einen Unterschied zwischen reiner Jagd-, Show- und Duallinie?
Wenn ja, was ist der Unterschied?
Ist es ein physischer oder/und ein Temperaments-Unterschied?
Oft sind die Lager, gerade wenn es um eine Aufspaltung der Linien geht, uneinig und die Fronten im schlimmsten Fall verhärtet.
Aber speziell beim Weimaraner ist der Genpool sehr begrenzt, wenn man von der reinen jagdlichen Leistungszucht spricht und man sollte annehmen, dass die Züchter der unterschiedlichen Linien daher
miteinander zum Wohle der Rasse und zum Erhalt der physischen und mentalen Leistungsfähigkeit interagieren können.
Dem ist aber unter anderem in Deutschland ganz und gar nicht so.
So hat der deutsche Weimaraner Klub e.V. sich zB. komplett gegen jegliche Einkreuzung frischen Weimaranerblutes abgeschottet und lässt nur Weimaraner zur Zucht zu, die mindestens zwei
Generationen zurück die vom Weimaraner Klub e.V. vorgeschriebenen Jagdprüfungen nachweisen können - und zwar sowohl von der Seite des Mutter- als auch des Vatertieres.
Auch werden die Formbewertungen der zukünftigen Zuchthunde vom Weimaraner Klub e.V. nur dann anerkannt, wenn sie auf internen Zuchtschauen des Klubs vorgestellt und bewertet wurden.
Titel, Championate und Richter-Bewertungen, die auf nationalen oder internationalen FCI-Ausstellungen errungen wurden, sind zum Erwerb der Zuchttauglichkeit im Weimaraner Klub e.V. nicht zu
gebrauchen.
Viele Weimaranerhalter der Jagdlinien schwören, dass ein Hund der Showlinie nur gut aussehen kann und seine "verkümmerten" Anlagen nicht ausreichen ein kompetenter und zuverlässiger Jagdkumpan zu
sein.
Wir wissen allerdings und Fakt ist, dass Showhunde - wenn man als seriöser Züchter darauf geachtet hat den Welpen, in der wichtigsten Phase seines Lebens, mit vielfältigen Reizen
und Eindrücken zu stimulieren - durchaus Jagdprüfungen mit Bravour ablegen und jagdlich eingesetzt werden können.
Umgekehrt, wird aus einem Hund der jagdlichen Leistungszucht, äusserst selten ein wirklich hochprämierter Showhund!
Das Motto der jagdlichen Leistungszucht ist "durch Leistung zur Form" mag in gewisser Weise Sinn machen, wird allerdings den Weimaraner in eine deutlich zwiegespaltene unsichere Zukunft
führen...
Denn in einer Gesellschaft mit immer weniger bejagbaren Waldflächen, immer weniger Vollzeit-Förstern und immer mehr Menschen, die der Jagd nur noch am Wochenende und als Hobby nachgehen können,
wird der hochintelligente und äusserst fordernde Försterhund Weimaraner zu aufwendig in Ausbildung und Haltung.
Ein Weimaraner will seinem Hundeführer (Einmannhund) jeden Tag gefallen, will und kann ausdauernd und selbständig arbeiten und fordert daher jeden Tag abwechslungsreiche mentale Auslastung.
Diese charakterlichen Stärken, die einst von den Züchtern des adligen Grauen in Weimar gefördert wurden, können dem Weimaraner in der heutigen Zeit zum Verhängnis werden, da in den
wenigsten Haushalten die Vorraussetzungen vorhanden sind, diesen Anforderungen eines Hundes gerecht zu werden.
Gerade, wenn man den anspruchsvollen vierbeinigen Begleiter nur am Wochenende zur Ausübung eines Hobbys braucht und er auch nur da wirklich funktionieren muss, greift man als Hobbyjäger doch eher
auf eine der eher unkomplizierten Jagdhunderassen zurück, mit welcher auch die anderen Mitglieder des Haushaltes ohne grössere Probleme arbeiten und spielen können.
Diese Entwicklung hat in der vergangenen Zeit in Jägerkreisen zu einem zweifelhaften Image des grauen Allrounders und einem Rückgang der Nachfrage nach Weimaranern aus jagdlicher Leistungszucht
geführt.
Ganz im Gegensatz zur Entwicklung im jagdlichen Bereich, ist die Nachfrage nach Weimaranern von Nichtjägern stetig steigend.
Der vielseitige Weimaraner hat sich in den letzten 50 Jahren immer mehr zu einem vortrefflichen Sporthund entwickelt und begleitet mittlerweile seinen Hundeführer zu Hundesport ( Agility, Rally
Obedience, Teamsport ), Nasenarbeit ( Mantrailling, Fährtenarbeit, Spezialsuche ) und ist sogar im Dienst als Therapie-, Epilepsie- und äls Spürhund auf der Suche nach Schimmel unterwegs.
Oft ist es so, dass aus einem Wurf nichtjagdlich geführter Elterntiere, selbst wenn alle physisch korrekt sind, einige Welpen wesentlich besser zur Jagd geeignet sind, als die gleichalten
Geschwister.
Aber selbst wenn Grösse und Charakter darauf hindeuten, dass dieser junge Hund ein ausgezeichneter Jagdkumpan werden könnte, so entscheiden sich einige Züchter bewusst dagegen ihre Hunde in
Jägerhaushalte abzugeben, da sie um die gesundheitliche Zukunft ihrer Hunde, als Wochenendjagdwerkzeuge, besorgt sind und bevorzugen stattdessen ihre Welpen an Menschen abzugeben, die dem
Weimaraner tagtäglich eine gute Kombination an mentaler Auslastung bieten können.
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